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Meditation mit Gedanken und Gefühlen

Meditation mit Gedanken und Gefühlen
David Dewulf

Meditation mit Gedanken und Gefühlen

Sich auf den Raum einlassen

Wenn wir intensive Emotionen erleben, unterdrücken bzw. übertönen wir sie oft, oder wir erstarren bzw. kochen über. In ersterem Fall kann es wichtig sein, stärker mit dem in Kontakt zu treten, was wir spüren. Im zweiten Fall kann es wichtig sein, sich auf den unterstützenden Raum einzulassen. Diese Fähigkeiten können durch Meditation erworben werden. Wenn eine Emotion Sie überwältigt, können Sie sich mit der Stille verbinden, die alles hält und alles umfängt.

Sie können sich jetzt bewusst entscheiden, sich auf den Prozess des Denkens einzulassen, wenn er geschieht. Manchmal werden Sie feststellen, dass Gedanken in dem Moment verschwinden, in dem Sie ihrer gewahr werden. Andere Gedanken scheinen zu bleiben. Schauen Sie, ob Sie einfach für den Prozess des Denkens präsent bleiben können, solange Sie dort eine gewisse Energie spüren.

Den Körper als Anker benutzen

Sie können den Prozess des Denkens mit „denken“ oder „sprechen“ bezeichnen. Und wenn Bilder auftauchen, können Sie dies als „sehen“ oder „betrachten“ bezeichnen. Sie stellen vielleicht hin und wieder fest, dass dies nicht ganz einfach ist und dass nicht klar ist, ob es sich um Bilder oder Gedanken handelt. Die Informationsverarbeitung ist sehr subtil, daher können Sie den Prozess auch als „subtil“ bezeichnen.

Wenn die Gedanken nachlassen, können Sie zu der Würde des Sitzens, zu der von Ihnen verkörperten Präsenz zurückkehren. Auf diese Weise können Sie sich selbst in diesem Körper, der hier sitzt und atmet, ankern. Sie müssen nichts Besonderes tun. Lassen Sie die Gedanken kommen, wie sie kommen, und in ihrer Zeit wieder gehen. Bleiben Sie in diesem Augenblick, in diesem Körper.

Was Sie tun können, wenn es in Ihrem Kopf rund geht

Wenn Sie bemerken, dass Ihre Gedanken rasen, „seien“ Sie einfach bei dem geschäftigen Treiben in Ihrem Kopf. Wenn Sie wollen, können Sie diese Erfahrung mit „geschäftig“ bezeichnen. Nutzen Sie Ihren Atem als Anker.

Was Sie tun können, wenn Sie von Gedanken überwältigt werden

Wenn Sie bemerken, dass die Gedanken Sie überwältigen, haben Sie immer eine Wahl: Sie können Ihre Aufmerksamkeit mit Mitgefühl und ohne Bewertung wieder auf Ihren Körper richten und erforschen, wie es Ihrem Körper mit dieser Erfahrung geht. Sie können auch Ihre Aufmerksamkeit wieder auf Ihren Atem und Ihren ganzen Körper richten.

Sich die Emotion anschauen

Überwältigende Gedanken sind häufig mit einer Emotion verbunden. Sie können dann Ihr Gewahrsein auf Ihren Körper richten, erforschen, was Sie dort spüren, und mit dem atmen, was ist. Wenn Gedanken erneut die Oberhand gewinnen, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit einfach freundlich wieder auf Ihren Körper. Öffnen Sie sich dabei, so gut es geht, für das, was Sie im Körper spüren, ohne sich in die Geschichte der Emotion zu verwickeln.

Vielleicht gibt es ja Gefühle oder Emotionen, die Sie attraktiv finden, und andere, die Sie lieber vermeiden würden. Sie müssen nichts mit ihnen machen, sondern sie einfach freundlich und bewusst umfangen, tragen und würdigen.

Benennen

Seien Sie ehrlich in Bezug auf Ihre Gefühle. Vielleicht können Sie ihnen Namen geben: Angst, Frustration, Ärger. Seien Sie dabei sehr sanft und bleiben Sie mit Ihrer Aufmerksamkeit vor allem bei dem Gefühl an sich. Es kann aber auch sein, dass Sie Ihre Gefühle nicht benennen möchten. Experimentieren Sie damit, um zu sehen, was Sie Ihrer Erfahrung näher bringt.

So geht man mit der momentanen Stimmung um

Wenn keine Emotion Ihrer Aufmerksamkeit bedarf, können Sie sich auch Ihrer Stimmung zuwenden. Ist das, was Sie spüren, eher angenehm, unangenehm oder neutral? Nehmen Sie diese Erfahrung wahr, fühlen Sie sie, lassen Sie sie zu und atmen Sie in sie hinein – ohne Ablehnung und ohne Anhaftung. Seien Sie einfach mit dem, was Sie spüren.

Die Gefühlen bejahen

Schauen Sie, ob Sie sich für das ganze Spektrum an Gefühlen öffnen können. Spüren Sie, wie es sich in lhrem Körper manifestiert, ohne sich in den Inhalt der damit verbundenen Gedanken zu verwickeln. Begegnen Sie Ihrer Erfahrung mit Mitgefühl.

Seien Sie sich bewusst, dass Sie sich in jedem Moment entscheiden können, entweder bei der Intensität Ihrer Emotion zu bleiben oder Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Atem und Ihren ganzen Körper zu richten.

Offen sein für das, was sich zeigt

Richten Sie Ihr Gewahrsein jetzt auf das, was am offenkundigsten da ist: Wenn Geräusche entstehen, nehmen Sie die Geräusche wahr, wenn Schmerz da ist, nehmen Sie den Schmerz wahr, und wenn Sie Ihren Atem am deutlichsten spüren, seien Sie bei Ihrem Atem. Wenn Gedanken aufkommen, richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Gedanken.

Sitzen Sie in Stille. Suchen Sie nach nichts. Seien Sie für alles da, so, wie es sich entfaltet, und so, wie es ist. Sitzen Sie mit offenem Herzen, offen für die Erfahrung, ein menschliches Wesen zu sein.

In der Stille bleiben

Bleiben Sie an diesem Ort der Stille, in dieser Achtsamkeit, die alles trägt und alles umfängt. Dieser Ort, an dem alles erscheint und wieder geht, der Raum bietet für alles, für Geräusche, Gedanken, Emotionen, Empfindungen – ein Raum zum Betrachten, Zulassen und Loslassen.

Wenn Sie bemerken, dass Sie Gedanken oder Tagträumen nachhängen, nehmen Sie dies einfach wahr. Versuchen Sie nicht, sich dagegen zu wehren oder es zu ändern. Gewahrsein bedeutet zuhören, offen sein, nicht werten, nicht manipulieren. Es ist reines Bewusstsein.

 

Dieser Artikel stammt aus dem Buch Das Arbeitsbuch der Achtsamkeit.

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