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In Weisheit leben

In Weisheit leben: Wassertrofen an Pflanze
Thomas Merton

In Weisheit leben

Die Gebote in unseren Herzen

Wenn der tiefste Grund meines Seins Liebe ist, dann werde ich mich selbst, die Welt sowie meine Schwester und meinen Bruder in Christus in eben dieser Liebe und sonst nirgendwo finden. Und das ist keine Frage eines „entweder–oder“, sondern des „alles in einem“. Es ist keine Angelegenheit von Ausschließlichkeit und „Reinheit“, sondern von Ganzheit, Ernsthaftigkeit, Einheit und von Meister Eckarts „Gleichheit“, die in allen Dingen den gleichen Urgrund der Liebe findet.

Die Quelle der Weisheit, aus der zu trinken alle Menschen sich wünschen (denn alle Menschen wünschen sich Glück, und Weisheit ist das Glück des Menschen), lässt sich nicht mit der Wünschelrute des Rutengängers auffinden.

Wer soll dem Menschen den Weg zu diesem verborgenen Quell weisen, der aus der innersten Essenz der Dinge entspringt?

Und doch verkündet diese Weisheit sich lauthals auf den Straßen; sie harrt der Menschen, ruft und lockt sie an den Toren der Stadt und auf dem Marktplatz. Doch die Menschen gehen an ihr vorbei, ohne Weisheit zu finden. Denn um sie zu finden, müssten sie ihre Gebote in ihrem Herzen bergen, indem sie sie „behalten“. Denn genau das ist es, was „ein Gebot zu halten“ bedeutet. Es heißt nicht, sich nur daran zu erinnern, sondern es zu einem Teil seines eigenen Seins zu machen, indem man tut, was es sagt.

 

Dieser Artikel stammt aus dem Buch Sich für die Welt entscheiden.

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